Personalabbau durch freiwillige Vereinbarungen
Die seit Monaten laufenden Sozialplanverhandlungen über den von Siemens angekündigten Personalabbau von 1240 Stellen in Deutschland bei der zum Verkauf stehenden Siemens-Telefonsparte Siemens Enterprise Communications (SEN) sind abgeschlossen.
Die Einigung hing am seidenen Faden. Streitpunkt war der von Siemens angekündigte zusätzliche Abbau von bis zu 800 weiteren Stellen, der erst nach dem Verkauf erfolgen soll. Der SEN-Gesamtbetriebsrat war erst bereit dem Paket zuzustimmen, nachdem die Anwendung und Finanzierung der jetzt ausgehandelten Bedingungen auch für die davon betroffenen Beschäftigten gewährleistet wurde. Inzwischen liegt eine entsprechende Erklärung der Siemens AG vor.
Der Sozialplan sieht vor, den Personalabbau durch freiwillige Vereinbarungen mit den Beschäftigten umzusetzen. Durch bereits erfolgte Versetzungen und Altersteilzeitangebote für 262 Beschäftigte verbleiben 822, denen Bildungsangebote mit anerkanntem IHK-Abschluss, Eintritt in eine Transfergesellschaft mit einer 24-monatigen Laufzeit und Aufhebungsverträge mit Abfindungszahlungen angeboten werden. Die Abfindungszahlungen unterscheiden sich danach, ob der Mitarbeiter in die Transfergesellschaft eintritt oder nicht. Bei Eintritt reduziert sich die Abfindung auf 70 Prozent. Die Höhe der Abfindungen generell entspricht im Wesentlichen dem in den Vorjahren bei Siemens üblichen, regional differenzierten Regelungen.
Neu ist das umfassende Qualifizierungspaket. Damit wird den betroffenen Mitarbeitern die Möglichkeit geboten, einen neuen qualifizierten und durch die IHK anerkannten, weiteren Berufsabschluss zu erlangen. Die Ausbildung findet im Rahmen der Transfergesellschaft statt und wird besonders attraktiv gestaltet: Sobald der Mitarbeiter seine Zwischenprüfung oder Abschlussprüfung erfolgreich abgelegt hat, wird er für die Dauer der zurückgelegten Ausbildungszeit auf 100 Prozent seines bisherigen Gehalts / Lohns angehoben. Mitarbeiter, die bereits eine Betriebszugehörigkeit von mehr als zehn Jahren erreicht haben, erhalten dann, wenn der Neueinstieg im Siemens-Konzern mit geringerem Entgelt verbunden ist, für die ersten zwölf Monate einen vollen Ausgleich des Gehaltsverlustes.
Mit diesem Qualifizierungspaket, das auch hoch qualifizierten Beschäftigten Möglichkeiten für neue Abschlüsse z. B. auf Bachelor-Niveau bietet, wird Neuland betreten. Einem großen Teil der vom Personalabbau Betroffenen bietet sich damit eine gute Chance der beruflichen Neuorientierung; gleichzeitig begegnet Siemens dem oft beklagten Fachkräftemangel, und der Arbeitsmarkt wird entlastet. Die Betriebsräte werden in den nächsten Wochen die Betroffenen über diese Chancen informieren.
Oliver Burkhard, Bezirksleiter der IG Metall NRW: „Es ist immer bitter, wenn die Beschäftigten für Fehler des Managements die Zeche zahlen müssen. Aber durch die tarifliche Sonderregelung, die die IG Metall für diesen Siemens-Bereich abgeschlossen hatte und die betriebsbedingte Kündigungen bis September 2009 ausschließt, hatten wir eine starke Verhandlungsposition und konnten so für die betroffenen Beschäftigten vergleichsweise günstige Regelungen erreichen. Sie bietet für viele Beschäftigte die Chance auf eine berufliche Weiterentwicklung und die Vermeidung der Arbeitslosigkeit.“
Die Zukunft von SEN mit derzeit 5500 Beschäftigten wird jedoch nicht vom Personalabbau abhängen. Entscheidend ist, dass die hervorragenden Produkte auch erfolgreich vermarktet werden, wie der SEN-Gesamtbetriebsratsvorsitzende Walter Bläßing betont: „Dies wird dann am besten gelingen, wenn die Entscheidung für einen Investor fällt, der hinter dem Geschäft steht und für überzeugende Perspektiven sorgt“.
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Wolfgang Nettelstroth, Pressesprecher
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