IG Metall-Chef prangert "Verrohung des Arbeitsmarktes" an
Der IG Metall-Vorsitzende Berthold Huber hat Jugend- und Auszubildendenvertreter sowie junge Betriebsräte aufgefordert, für eine bessere Berufsausbildung zu streiten. "Gute Ausbildung ist kein Selbstläufer", sagte er heute vor den 771 Teilnehmern einer zweitägigen Konferenz der IG Metall NRW in Willingen. Es ist die größte Veranstaltung ihrer Art bundesweit.
Zwei Drittel der unter 35-Jährigen seien schon atypisch beschäftigt gewesen, zum Beispiel als Leiharbeiter oder befristet, berichtete der 1. Vorsitzende der IG Metall. Der Anteil der unter 25-Jährigen, die Erfahrung mit unsicherer Beschäftigung besitzen, habe sich in den vergangenen zehn Jahren sogar verdoppelt. Das sei Ausdruck einer "Verrohung des Arbeitsmarktes", sagte Huber. Die IG Metall wolle und werde diesen Trend drehen.
Gute Ausbildung im Mittelpunkt
In modernen Industriegesellschaften habe die Ausbildung einen zentralen Stellenwert. Wer gut ausgebildet sei, habe in der Regel eine bessere Chance auf dem Arbeitsmarkt und ein geringeres Risiko, arbeitslos zu werden. Aufgabe der Jugendvertreter sei es, den Finger in die Wunde zu legen und alles zu tun, um die Ausbildung zu verbessern. "Nicht alles ist in Butter", sagte Huber mit Verweis auf den "Ausbildungsreport NRW".
Danach sind zwar über 90 Prozent der befragten Auszubildenden mit ihre Ausbildung "zufrieden" und "sehr zufrieden". Aber fragt man genauer nach, werden die Aussagen kritischer. So wird der Ausbildungsplan nur in 60 Prozent der Fälle eingehalten, fast jeder Zehnte muss Tätigkeiten verrichten, die nicht zu seine Ausbildung gehören, und fast jeder Fünfte macht regelmäßig Überstunden. Mehr als 50 Prozent bezeichnen ihren Berufsschulunterricht als "ausreichend", "schlecht" und "sehr schlecht". Der Report basiert auf der Befragung von 4000 Auszubildenden in 320 Betrieben.
"Nicht blöder als ich"
Berthold Huber bezeichnete die immer wiederkehrende Diskussion über die mangelhafte Ausbildungsfähigkeit der Schulabgänger als gezielte Irreführung der Öffentlichkeit. "Die Jungen sind nicht blöder, als ich es einmal war." Deutschland investiere allerdings deutlich weniger in die Bildung als andere Industrieländer.
Unbefristete Übernahme der Regelfall
Der IG Metall-Vorsitzende plädierte dafür, dass die unbefristete Übernahme der Ausgebildeten zum Regelfall werde. Die befristete Übernahme - in der Metallindustrie laut Tarifvertrag für zwölf Monate - solle die Ausnahme werden. Mit Blick auf die Metalltarifrunde 2012 sagte Huber jedoch auch: Sollte sich die IG Metall für diese Tarifforderung entscheiden, sei mit einer "konfrontativen Auseinandersetzung" zu rechnen. Warum er bereit wäre, sie einzugehen, sagte Huber auch: Die 18- bis 25-Jährigen seien die Altersgruppe mit dem höchsten Armutsrisiko in Deutschland. Wer ihnen prekäre Beschäftigung zumute, nehme steigende Armut in Kauf.