Forderung nach fairer Leiharbeit regt Arbeitgeber auf
Das Thema Leiharbeit entwickelt sich zum „Knackpunkt“ der Metalltarifrunde, sagte IG Metall-Bezirksleiter Oliver Burkhard auf der Sitzung der Tarifkommission heute in Sprockhövel. Betriebsräte berichteten, wie sie Leiharbeiter bessergestellt haben.
Oliver Burkhard betonte vor den Mitgliedern der Tarifkommission, worum es bei der Forderung nach fairer Leiharbeit geht: „Erstens wollen wir dem Missbrauch der Leiharbeit einen Riegel vorschieben – sie darf keine Stammarbeitsplätze verdrängen; zweitens wollen wir die ungleiche Bezahlung von Leihkräften und Stammbeschäftigten beenden; und drittens muss klar werden, dass Leiharbeit endlich ist, nicht dauerhaft praktiziert werden kann.“
Die IG Metall verfolgt eine Doppelstrategie: Sie verhandelt mit den Metallarbeitgebern über ein stärkeres Mitbestimmungsrecht in Sachen Leiharbeit; Betriebsräte sollen mitentscheiden, ob, wie viele und für wie lange Leiharbeiter eingestellt werden. Mit den Verbänden der Zeitarbeit verhandelt sie parallel über einen Branchenzuschlag für Leiharbeiter.
Bei Dura Automotive müssen Leihkräfte übernommen werden
Die Betriebsratsvorsitzende der Firma Hühoco Oberflächenveredelung in Wuppertal, Beatrix Gerhardt, stellte die Eckpunkte ihrer Betriebsvereinbarung zur Leiharbeit vor. Danach bestimmt der Betriebsrat bereits mit. „Es muss gute Gründe für die Einstellung von Leiharbeitern geben“, sagte Gerhardt, „Gründe, die wir mittragen können.“ Dazu zählten die Bewältigung von Auftragsspitzen und von Personalengpässen. Außerdem erhalten die Leiharbeiter bei Hühoco eine Prämie. Damit entspricht ihr Einkommen zu 80 bis 85 Prozent dem der Stammbeschäftigten. Ziel des Betriebsrats die ist die völlige Gleichstellung.
Beim Felgenherstellers Hayes Lemmerz in Königswinter gilt das Prinzip „gleiches Geld für gleiche Arbeit“ (equal pay) schon seit 2008. „Wir kontrollieren das auch“, sagte der Betriebsratsvorsitzende Peter Schüler.
Bei Dura Automotive in Plettenberg verdienen Leiharbeiter 13,47 Euro die Stunde. Das entspreche 90 Prozent des Einkommens der Stammbeschäftigten, Urlaubs- und Weihnachtsgeld eingerechnet, sagte der Betriebsratsvorsitzende Faruk Ikinci. Der Anteil der Leiharbeiter an der Belegschaft sei auf fünf Prozent begrenzt. Werde diese Quote überschritten, müssten Leiharbeiter übernommen werden. „Nach dem Motto ‚wer am längsten dabei ist, wird als erster eingestellt’.“
Auch Leiharbeiter müssen von ihrer Arbeit leben können
Mehrere Redner betonten die Bedeutung des Themas Leiharbeit. Der Kölner IG Metall-Sekretär Wolfgang Rasten warnte vor der Ausweitung der Leiharbeit, sie sei eine Gefahr für die Gewerkschaft: „Wenn wir sie nicht gestoppt kriegen, werden wir schwächer.“ Ahmet Yildiz, Betriebsrat von Tedrive Steering Systems in Wülfrath bei Velbert, hob einen anderen Aspekt hervor: „Es darf uns nicht egal sein, dass Leiharbeiter von ihrer Arbeit nicht leben können.“
Die Bielefelder Metallfirma Euscher ist aus dem Arbeitgeberverband ausgetreten –wegen der IG Metall-Forderungen nach Übernahme der Azubis und nach fairer Leiharbeit. Die noch auszuhandelnde Lohnerhöhung will sie ihren 280 Mitarbeitern „eins zu eins“ weitergeben; trotzdem trägt die Belegschaft die Tarifforderungen zugunsten der Azubis und der Leiharbeiter „voll“ mit, berichtete der Bielefelder IG Metall-Bevollmächtigte Harry Domnik. Ende des Monats werden eine betriebliche Tarifkommission gewählt und die Tarifforderungen beschlossen – „Fläche plus x“, sagte Harry Domnik. Man werde auf die Tarifforderungen der IG Metall NRW noch etwas draufsatteln. „Es darf keine Belohnung für Tarifflucht geben.“
Eine bemerkenswerte Entwicklung zeichnet sich in Bonn und dem Rhein-Sieg-Kreis ab: In den dortigen Metallbetrieben hat sich die Zahl der Leiharbeiter seit der Krise 2008/2009 auf rund 600 halbiert, teilte die IG Metall Bonn-Rhein-Sieg mit. Der Erste Bevollmächtigte Ralf Kutzner nannte dafür zwei Gründe: Zum einen die Aufklärungsarbeit der IG Metall, zum anderen der Fachkräftemangel – er habe dazu geführt, „dass die Unternehmen Bewerbern attraktivere Stellen bieten müssten“, schrieb der Bonner General-Anzeiger.