Gravierende Mängel an Berufskollegs beklagt
Die gute Nachricht: Die meisten Auszubildenden sind mit ihrer Ausbildung zufrieden; die schlechte: 31 Prozent sind unzufrieden! Mangelhaft ist vor allem die Ausbildungsqualität an den Berufskollegs. Das geht aus dem jüngsten Ausbildungsreport hervor, den die DGB-Jugend NRW heute in Düsseldorf vorgestellt hat.
3191 Auszubildende in Nordrhein-Westfalen sind vom DGB befragt worden – so viele wie noch nie. Erstmals wurden sie auch zu ihren Erfahrungen an den Berufskollegs befragt – und über das Ergebnis war man „ein bisschen erschrocken“, berichtete Anke Unger, die Leiterin der Abteilung Jugend beim DGB NRW: Jeder fünfte Befragte beurteilt die fachliche Qualität des Unterrichts nur als ausreichend bis mangelhaft.
Ein Drittel der Auszubildenden ist der Auffassung, dass die Ausstattung ihrer Berufskollegs nicht auf dem aktuellen Stand ist, besonders die Werkstätten gewerblich-technische Berufskollegs seien oft schlecht ausgestattet, sagte Anke Unger. Nach computergesteuerten Fertigungsmaschinen, die in betrieblichen Werkstätten längst Standard sind, müsse man „lange suchen“ Jugendbildungsreferent Eric Schley kritisierte bauliche Mängel wie unbenutzbare Toiletten und veraltete Computer-Software. Dort, wo Beamer und Laptops fehlten, komme die Schiefertafel wieder zum Einsatz.
Ein großes Problem ist der Mangel an Fachlehrern. Betroffen sind auch davon hauptsächlich die gewerblichen Bereiche wie Maschinentechnik, Elektrotechnik und Fahrzeugtechnik.
Bessere Ausstattung, mehr Lehrer, kleinere Klassen
Drei Forderungen stellt der DGB NRW, um die Qualität der Berufskollegs zu verbessern: Erstens müsse das Land den Kommunen Geld für eine bessere Ausstattung der Kollegs zur Verfügung stellen, damit deren Qualität nicht vom Haushalt der Kommune abhängig sei. Zweitens müsse der Zugang zum Lehrerberuf für angehende Ingenieure und Seiteneinsteiger erleichtert werden. Und drittens müsse die Klassengröße auf 25 Schüler begrenzt werden.
Beklagenswert ist nicht nur die Ausbildungsqualität der Berufskollegs. Zwei von drei Azubis verrichten laut DGB-Befragung ausbildungsfremde Tätigkeiten. Fast jeder zweite Befragte leistet regelmäßig Überstunden, wofür jeder fünfte weder einen Freizeitausgleich noch eine Entlohnung erhält. Diese Mängel hat der DGB NRW schon bei der ersten Befragung vor fünf Jahren feststellt. Deshalb warf der DGB-Vorsitzende Andreas Meyer-Lauber den Arbeitgebern und der Politik vor, „nicht beherzt genug“ gegen diese Missstände vorzugehen.
Höchststrafe: Entzug der Ausbildungslinzenz
Notwendig sind nach Auffassung des DGB mehr spontane Betriebsbesuche der Arbeitsschutzbehörden. In NRW habe es 2011 nur 200 Kontrollen gegeben, in Bayern jedoch 3000. Verstöße gegen den Jugendschutz müssten auch mit dem Entzug der Ausbildungslizenz bestraft werden. Trotz aller Kritik will der DGB keinen schlechten Ausbildungsbetrieb namentlich benennen und an den Pranger stellen. „Wir wollen nicht, dass sie aus der Ausbildung aussteigen, wir sollen die Ausbildung verbessern“, sagte Andreas Meyer-Lauber. Und wies auf noch eine interessante Feststellung im Ausbildungsreport hin: Dort, wo es eine betriebliche Interessenvertretung gibt, sprich Jugendvertretung, Betriebs- oder Personalrat, sind 82 Prozent der Azubis mit ihrer Ausbildung „zufrieden“ und „sehr zufrieden“; wo es keine Interessenvertretung gibt, sind es nur 60 Prozent!