Massenhafter Protest gegen "Tritt in den Hintern"
"Ich freue mich, wir haben's geschafft: Der Marktplatz ist voll", rief der Detmolder IG Metall-Bevollmächtigte Reinhard Seiler ins Mikrofon. 3600 Beschäftigte aus 33 Metallbetrieben strömten heute auf den Marktplatz von Lemgo im Kreis Lippe. Azubis führten den Demo-Zug an. Für bis zu vier Stunden ruhte die Produktion.
Reinhard Seiler, der auch Mitglied der IG Metall-Verhandlungskommission ist, kritisierte den sogenannten Lösungsvorschlag der Arbeitgeber zur Beendigung des Tarifkonflikts als "Schlag ins Gesicht der Beschäftigen" und "Tritt in den Hintern": Eine Lohnerhöhung von 3 Prozent für 14 Monate entspreche bloß 2,6 Prozent für 12 Monate - und das sei "völlig unzureichend". Seiler wiederholte mehrfach den Zweizeiler "Wenn sich Manager und Vorstände mit Millionen belohnen, warum sollen wir sie mit 6,5 Prozent verschonen?"
Zumal die Metallindustrie 2011 einen Gewinn von sage und schreibe 52 Milliarden Euro eingefahren hat.
So begeistert wie Seiler war auch der Betriebsratsvorsitzende von Weidmüller Interface, Robert Chwalek: "Mann, das ist ein Superbild von hier oben." Chwalek stand einen Meter erhöht auf der Ladefläche des IG Metall-Lastwagens. "Ich bin stolz auf euch", schallte es über den Platz. Die Gäste im Cafe und in der Eisdiele hörten interessiert zu. Kurz vor elf Uhr brachen Sonnenstrahlen durch die Wolkendecke.
Vor vier Jahren, 2008, standen die Metaller zuletzt auf dem Marktplatz der alten Hansestadt Lemgo. "Jetzt", sagte Günter Harrack, der Betriebsratsvorsitzende von Zumtobel, "jetzt stehen wir wieder hier, weil die Arbeitgeber uns nicht geben wollen, was wir verdient haben."
Reinhard Seiler empfahl den Arbeitgebern, den Bogen nicht zu überspannen. Die IG Metall wolle keinen Arbeitskampf führen, sondern die Einkommen und Arbeitsbedingungen der Beschäftigten verbessern. Und dafür, sagte Seiler, werde sie notfalls auch streiken.