"Ich bin bereit, zu kämpfen - bist Du's auch?"
Mit einer Aktionskonferenz in Osnabrück läuteten 200 Textiler aus Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen heute die heiße Phase der westdeutschen Textil-Tarifrunde ein. NRW-Tarifsekretärin Heide Schnare empfahl dem Verhandlungsführer der Arbeitgeber Wolfgang Brinkmann, den Beschäftigten nicht bei der Arbeit zuzuschauen, sondern mitzuarbeiten. Brinkmann hatte behauptet, die Arbeit in der Textilbranche sei nicht belastend.
In der Friedenspflicht ein Verhandlungsergebnis erzielen – diese Chance haben die Arbeitgeber vertan. In den ersten beiden Verhandlungen am 30. September und am 16. Oktober legten sie nicht einmal ein Angebot vor. „Die brauchen jetzt Druck“, sagte Heide Schnare (Foto 3). Die IG Metall fordert für die 100.000 Beschäftigten der Textil- und Bekleidungsindustrie West fünf Prozent mehr Geld ab 1. November. Deshalb werden jetzt betriebliche Aktionen und Warnstreiks vorbereitet. Die dritte Verhandlung findet am 12. November in Münster statt.
Die Beschäftigten ließen sich „nicht mit Almosen abspeisen“, sagte der niedersächsische IG Metall-Bezirksleiter Hartmut Meine (Foto 5). Ein gutes Tarifergebnis komme jedoch nur zustande, „wenn wir viele sind und mehr werden“. Die Tarifforderung, sagte Meine, sei „fair und bezahlbar“. Die Produktion ist von Januar bis Juli um 3,6 Prozent für Textil und um 10,4 Prozent für Bekleidung gestiegen, die Exporte stiegen um 5,5 und 4,7 Prozent. „Ohne euch gäbe es keine Funktionswäsche für Jogger, keine Sitze für die Autoindustrie und keine strapazierfähige Auslegeware für die Chefetage.“
NRW-Bezirksleiter Knut Giesler (Bild 7) begründete die Tarifforderung so: „Wir brauchen mehr Geld, weil unser Portemonnaie kleiner ist als der Monat lang!“ Giesler empfahl, das Thema IG Metall-Beitritt auf jeder Betriebsversammlung anzusprechen. „Sagt allen nicht organisierten Kolleginnen und Kollegen: ‚Ich bin bereit, zu kämpfen – bist du’s auch?“ Er verwies auf den Betriebsrat von Johnson Controls in Espelkamp. Dort sind viele Beschäftigen Mitglied der IG Metall geworden, nachdem der Arbeitgeber den Beschäftigten „ans Futter" wollte - und der Betriebsrat sich querstellte.
Arbeitgeber sollen begreifen, "was die Stunde geschlagen hat"
IG Metall-Verhandlungsführer Manfred Menningen (Bild 8)nahm die Arbeitgeber auf die Schippe. Rufe man ihnen zu, endlich Vernunft anzunehmen, reagierten sie wie Beamte: „Wir dürfen nichts annehmen!“ Betriebliche Aktionen und Warnstreiks seien notwendig, „damit die Arbeitgeber begreifen, was die Stunde geschlagen hat“. Kabarettist Kalla Wefel (Bild 9) sang zur Melodie von Grönemeyers „Männer": Den Reichen sei alles „ganz gleich“, sie seien „aufs Erben geeicht“.