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04/02/2014

IG Metall wirft den Chefs „organisiertes Verbrechen“ vor

Überfallartig hat der ostwestfälische Küchenmöbelhersteller Gustav Wellmann seine Tochterfirma Wellmann Bauteile in Bad Salzuflen geschlossen: 72 Beschäftigte stehen plötzlich ohne Arbeit da. Die IG Metall Detmold hat die Geschäftsführung zu Verhandlungen aufgefordert. Die Belegschaft verhinderte heute den Abtransport der Produktionsmaschinen.

Am Dienstag, 28. Januar, teilte die Firmenleitung von Wellmann Bauteile auf einer Mitarbeiterversammlung mit, dass Wellmann Küchen keine Aufträge mehr an sein Tochterunternehmen vergibt und die Produktion sofort eingestellt wird. „Wir sind aus allen Wolken gefallen“, sagte der Betriebsratsvorsitzende Christian Letmade.

Wellmann Bauteile fertigt Sockelleisten und Regalböden für Einbauküchen. Einziger Kunde: Die Firma Gustav Wellmann im 21 Kilometer entfernten Enger (550 Beschäftigte). Die Bauteile-Fertigung lief bis zuletzt auf Hochtouren, sogar mit Überstunden. „Sonst hätten die Beschäftigten ja gemerkt, dass irgendetwas im Busch ist“, vermutet die Detmolder IG Metall-Sekretär Svend Newger.

Die Geschäftsführung von Gustav Wellmann und von Wellmann Bauteile ist identisch. „Die beiden Herren haben wohl vergessen, sich mitzuteilen, dass sie sich einen Auftrag entziehen“, spottete Newger. Die Rechte der Beschäftigen und des Betriebsrats würden mit Füßen getreten, sagte er. Vor einer Werksschließung müssten laut Betriebsverfassungsgesetz Verhandlungen über einen Interessenausgleich und einen Sozialplan stattfinden. Die Geschäftsführung verhalte sich jedoch „wie eine kriminelle Vereinigung“. Sie habe sogar die Auszahlung des Januar-Gehalts in Frage gestellt, um den Widerstand gegen die Werksschließung zu brechen.

Metaller verhindern Abtransport der Maschinen

Von den 72 betroffenen Beschäftigten sind 70 Mitglied der IG Metall. „Wir werden die Entscheidung der Konzernleitung“ – Gustav Wellmann gehört dem Alno-Konzern – „nicht widerstandslos hinnehmen“, sagte Betriebsratsvorsitzender Letmade. Die durchschnittliche Betriebszugehörigkeit der Beschäftigten beträgt 20 Jahre, ihre Kündigungsfrist sechs Monate.

Heute, Dienstag, sollten die Maschinen von Wellmann Bauteile abtransportiert werden. Die Beschäftigten verhinderten, dass die Laster aufs Firmengelände fahren konnten. „Wir blockieren nichts“, sagte Gewerkschaftssekretär Newger, „wir regeln hier nur den Verkehr.“ Nach zwei Stunden drehte der erste Lastwagen auf. Durchs Telefon waren Gesänge zu hören: „Auf Wiedersehn“ und „Du kannst nach Hause fahrn“.

Allen Mitarbeitern Hausverbot erteilt

Die Geschäftsführer Franz Ritter und Dirk Fischer erteilten heute per Aushang "sämtlichen Mitarbeitern" von Wellmann Bauteile Hausverbot. "Hiervon ausgenommen sind die Betriebsräte." Begründung: Es sei Material entwendet worden, "zahlreiche Tor- und Türöffnungen wurden versperrt."

Die Pressearbeit zur Werksschließung ist von Alno im baden-württembergischen Pfullendorf gesteuert worden – mit großen Erfolg, alle Zeitungen schrieben dasselbe: Die Schließung sei Teil eines Kostenoptimierungs- und Konsolidierungsgramms; sie diene dem Ziel, das Wachstum der Firma Gustav Wellmann fortzusetzen, die Effizienz zu steigern und die operative Wettbewerbsfähigkeit zu sichern. Auch eine Krokodilträne wurde vergossen: „Uns ist bewusst, dass der Verlust jeder einzelnen Stelle schmerzlich für die betroffenen Mitarbeiter und ihre Familien ist.“

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