Metaller wollen sich nicht mit 2,2 Prozent abspeisen lassen
IG Metall-Chef Knut Giesler (Foto 1) hat die Metallarbeitgeber heftig attackiert. Vor der Firma Benteler in Paderborn warf Giesler ihnen vor, kranke Mitarbeiter billig entsorgen zu wollen. Die Arbeitgeber wollen in Zukunft alleine bestimmen, wer vorzeitig in Rente gehen darf.
Kurz nach Mitternacht: klarer Sternenhimmel, heller Mond. Wir stehen vor dem Haupttor von Benteler Steel/Tube in Paderborn; links fließt die Lippe, rechts die Pader am Werk vorbei. In der Einfahrt steht der IG Metall-Bevollmächtigte Melo Zanghi, ein Megafon in der Hand (Foto 2): „Wir rufen die Kolleginnen und Kollegen der Firma Benteler Steel/Tube zum Warnstreik auf. Verlasst Euren Arbeitsplatz. Wir erwarten Euch hier.“
Wenig später biegt ein Fackelzug um die Ecke, an der Spitze der Betriebsratsvorsitzende Heinz Krystofiak. „Der Laden steht!“, sagt er. Gleichzeitig nähern sich aus beiden Straßenrichtungen Beschäftigte anderer Benteler-Betriebe. Viele tragen brennende Fackeln, die meisten rote Warnstreikwesten. Transparente und Fahnen flattern im Wind. Auf dem Platz vor dem Lastwagen mit Rednerpult wird’s eng. 500 Menschen stehen zusammen.
„Das ist Deine Party, Otto“, ruft Vertrauensmann Christian Schachten vom Lastwagen herunter und zeigt auf einen Kollegen – Otto Nowik ist gerade 53 geworden.
IG Metall-Bezirksleiter Knut Giesler prangert das bescheidene Tarifangebot der Metallarbeitgeber an. Mit nur 2,2 Prozent mehr Entgelt sollen die Beschäftigten abgespeist werden, ruft er – „Pfui“-Rufe sind die Antwort.
Seltsam still wird es, als Knut Giesler die Forderung nach einer neuen Altersteilzeit anspricht. Sollte es zu keinem neuen Tarifvertrag kommen, sei Ende März Schluss mit Altersteilzeit – „dann wird von Euch keiner mehr in Altersteilzeit gehen können“. Heftig kritisiert Giesler die Absicht der Arbeitgeber, selbst zu entscheiden, wer früher in Rente gehen darf, nämlich kranke Mitarbeiter. Das sei „ein billiges Entsorgungsprogramm für Mitarbeiter, die man sonst nicht los wird“.
Die Forderung nach Bildungsteilzeit, von der die Arbeitgeber nichts wissen wollen, begründet Giesler mit Blick auf den Wandel der Arbeitswelt so: „Was Ihr Euch heute nicht vorstellen könnt, wird in zehn Jahren Normalität sein.“ Wer den Beschäftigten Weiterbildung verweigere, ruft Giesler, „verweigert ihnen, an der Zukunft teilzuhaben“.
Das Angebotspaket der Arbeitgeber sei zu klein und inhaltlich zu dünn, sagt Giesler: „Wir schicken es an den Absender zurück!“ Bis zum 6. Februar hätten die Arbeitgeber Zeit, nachzudenken. Die IG Metall sei mit drei Forderungen angetreten – und wolle sie alle drei „über die Ziellinie bringen“.