Riesen-Demo für Vallourec Mülheim
900 Menschen haben heute in Düsseldorf-Rath für die Zukunft der Stahlfirma Vallourec in Mülheim demonstriert.
Aus Mülheim an der Ruhr waren 700 Beschäftigte in 14 Bussen nach Düsseldorf-Rath gekommen, dem größten Standort von Vallourec in NRW. Dort tagte heute der Aufsichtsrat des Röhrenherstellers. Delegationen aus den Standorten Rath und dem Nachbarstandort Düsseldorf-Reisholz nahmen an der Kundgebung des Mülheimer Betriebsrats teil; ebenso von Nirosta in Düsseldorf-Benrath sowie von Europipe und Salzgitter Mannesmann Grobblech in Mülheim und Salzgitter Mannesmann Forschung in Duisburg.
„Mein Handy steht nicht mehr still“, sagte die Mülheimer Betriebsratsvorsitzende Angelika Kirchholtes (Foto 2) bei Eröffnung der Kundgebung. In Mülheim gehe die Angst um, die Angst um die Arbeitsplätze. 2010 seien mit „Streamline 1“ 190 Arbeitsplätze abgebaut worden, dann folgte mit „Streamline 2“ der Abbau von 150 Stammarbeitsplätzen plus 200 Arbeitsplätzen für Leiharbeiter. Jetzt habe der Vorstand mit „Streamline 3“ den Abbau von weiteren 600 Arbeitsplätzen in Deutschland beschlossen, von denen 110 auf Mülheim entfallen sollen.
„Das werden wir so nicht akzeptieren“, rief die Betriebsrätin Mireille Küpper (Foto 4). Man habe die ersten Abbauprogramme mitgemacht, weil es geheißen habe, das sichere die Zukunft. Diese Versprechen seien gebrochen worden, man habe kein Vertrauen mehr in den Vorstand. „Wir fordern eine Standort-Garantie!“
Der 50-jährige Schlosser Guido Bruns (Foto 6), seit 32 Jahren im Mülheimer Werk tätig, sagte: „Wir haben Überschichten gemacht und Freizeitpläne über Bord geschmissen, wenn wir gebraucht wurden. Wir haben unsere Mehrarbeitskonten der Firma zur Verfügung gestellt. Und jetzt machen meine Familie und ich uns große Sorgen: „Kann ich denn noch bis zur Rente hier arbeiten?“
Giuliano Merlo (Foto 7), der Vorsitzende der Jugendvertretung, forderte, die unbefristete Übernahme der Ausgebildeten beizubehalten. Anfang 2016 sollen sie erstmals nicht unbefristet übernommen werden.
IG Metall-Vertrauensmann Dennis Damm (Foto 8) berichtete, was die Sparmaßnahmen bisher gebracht haben: „Erhöhten Leistungsdruck in der einen Woche, Schichtausfälle in der nächsten Woche.“ Gleichzeitig sei ständig von Outsourcing und Werkverträgen die Rede.
„Wir gehen auf dem Zahnfleisch“, rief die Betriebsratsvorsitzende Angelika Kirchholtes. Und verlas ein „Positionspapier des Betriebsrates und der Belegschaft“. Der Ölpreisverfall, der die Nachfrage nach Rohren reduziert hat, sei konjunkturell bedingt, heißt es darin. Zum Aufbau der Überkapazitäten, unter denen Vallourec jetzt leide, habe das Unternehmen selbst beigetragen. In Mülheim stehe eines der modernsten Walzwerke weltweit; man habe schon mehrere Produktlinien geschlossen und befürchte, „dass der Standort regelrecht ausblutet“ und „vor die Wand gefahren wird“. Deshalb fordere man eine Standort- und Beschäftigungsgarantie.
Das wollte Norbert Keusen (Foto 10, neben den Aufsichtsräten Gerhard Bosch, Andreas Meyer-Lauber und Nihat Öztürk), der Deutschland-Chef von Vallourec, nicht versprechen, auch sonst nichts. Obwohl er sich von der Leistung der Belegschaft beeindruckt zeigte. Er sagte nur: „Wir sind eine wichtige Säule von Vallourec und wollen es bleiben.“
Etwas deutlicher wurde Jean-Pierre Michel (Fto 11), der Aufsichtsratsvorsitzende von Vallourec Deutschland: Die Geschäftsführung sei beauftragt, Konzepte zu entwickeln, „die den Erhalt aller Standorte ermöglichen“, sagte er, verabschiedete sich mit „Glück auf!“ – und erntete Applaus.
An Michel gewandt sagte der stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende Holger Lorek (Foto 12) vom IG Metall-Stahlbüro: „Das ist der Schatz von Vallourec!“ – und zeigte auf die Beschäftigten. Lorek warnte die Firmenleitung, die Belegschaft weiter auszudünnen und bloß auf eine Produktkategorie zu setzen. Das Unternehmen müsse breit aufgestellt bleiben. „Sie verspielen sonst die Zukunft von Vallourec!“