Jugend für Reform statt Reförmchen
Mit Gesetzen von gestern die Ausbildung für morgen gestalten? „Geht nicht“ lautete das Fazit der IG Metall-Jugendversammlung in Hagen.
Die „Revolution Bildung“ geht weiter. Mit „modern.bilden“. So lautet die neue Phase der Kampagne. Und ihr Titel war auch das Motto der Jugendversammlung heute in der Hagener Stadthalle: mit 300 Auszubildenden und Dual Studierenden aus 17 Betrieben – eine gelungene Koproduktion der IG Metall-Geschäftsstellen Gevelsberg-Hattingen und Hagen.
Der Hintergrund: Das Berufsbildungsgesetz (BBiG), das die duale Ausbildung in Deutschland regelt, stammt aus dem Jahr 1969. CDU/CSU und SPD haben im Koalitionsvertrag von 2013 verabredet, „Anpassungen (zu) prüfen“. Auf gut Deutsch: Die anstehende BBiG-Novelle soll ein Reförmchen werden, nicht mehr.
Die IG Metall-Jugend fordert eine Reform, bundesweit und lokal: Ihre Kampagne zielt ab auf die 34 Bundestagsabgeordneten (MdB), die im Ausschuss für Bildung sitzen. Von diesen 34 stammen 10 aus NRW: 1 Grüner, 4 SPD- und 5 CDU-Abgeordnete. Um sie gezielt anzusprechen hat die IG Metall-Jugend NRW im Herbst 2015 acht sogenannte Wahlkreisteams gebildet, an denen 18 Geschäftsstellen beteiligt sind – im Alleingang (z. B. Siegen) oder gemeinsam (z. B. Bielefeld, Minden, Herford, Detmold und Paderborn). In Siegen und Bielefeld fanden heute ebenfalls Jugendversammlungen statt. An den Wahlkreisteams sind darüber hinaus 10 Geschäftsstellen beteiligt: Mülheim, Essen, Oberhausen, Mönchengladbach, Aachen, Duisburg-Dinslaken, Münster, Rheine, Köln-Leverkusen und Bonn-Rhein-Sieg.
Aus dem Wahlkreis Hagen – Ennepe-Ruhr-Kreis 1 sitzen die Abgeordneten René Röspel (SPD) und Cemile Giousouf (CDU) im Bildungsausschuss. Mit Röspel und – in Vertretung für Giousouf – dem CDA-Mann Christian Brandt diskutierten die jungen Metaller und Metallerinnen heute im Plenum der Stadthalle. Ihre fünf Hauptforderungen lauten: „Jeder junge Mensch muss einen Ausbildungsplatz bekommen“ (Ausbildungsgarantie), eine existenzsichernde Ausbildungsvergütung, Erstattung der Fahrt- und Lernmittelkosten, Übernahme der Ausgebildeten im erlernten Beruf und Aufnahme des Dualen Studiums ins BBiG.
Ein Vergleich dieser Forderungen mit dem Koalitionsvertrag ist ernüchternd: Es gibt keine Übereinstimmung. Die gibt es nur in diesen Punkten: Die Qualität der Ausbildung und die Aufstiegsfortbildung sollen verbessert werden. Das Bildungsministerium fällt sogar hinter den Koalitionsvertrag zurück. MdB Röspel berichtete, das der sogenannte Evaluationsbericht des Ministeriums zur Bewertung des BBiG zu diesem Ergebnis kommt: Das Gesetz hat sich bewährt, eine Änderung ist unnötig.
Die Jugendforderung nach Lernmittelfreiheit teilten sowohl SPD-Mann Röspel als auch CDU-Vertreter Brandt. „Die Arbeitgeber müssen ein wenig mehr in die Tasche greifen oder die Ausbildungsvergütung erhöhten“, sagte Brandt. Die Forderung nach einer Ausbildungsgarantie fand ein geteiltes Echo: „Lässt sich nicht realisieren“, sagte Röspel. Und Brandt meinte, es gebe diese Garantie bereits. Er meinte den Ausbildungspakt von Bundesregierung und Wirtschaft, der jedem Jugendlichen ein Ausbildungsangebot verspricht.
Mindestlohn für Azubis?
Mit der Jugendforderung nach einer existenzsichernden Ausbildungsvergütung konnten sich weder SPD (Röspel) noch CDU (Brandt) anfreunden. Darum müssten sich die Tarifparteien kümmern, sagte der eine; und der andere appellierte, „nur so viel wie nötig und so wenig wie möglich“ ins Gesetz zu schreiben. Er, Christian Brandt, kam jedoch ins Grübeln: Vielleicht sei ja doch eine Art „Mindestlohn für Auszubildende“ erforderlich, und vielleicht solle man – Ausbildungspakt hin oder her – intensiver dafür sorgen, „wie jedem Jugendlichen ein Ausbildungsangebot gemacht werden kann“.