Schluss mit Stahl bei Thyssenkrupp?
Mehr als 7000 Stahlbeschäftigte forderten heute in Duisburg den Erhalt aller Standorte von Thyssenkrupp Steel Europe.
Den Grund für ihren Protest, der weit über Nordrhein-Westfalen hinausgeht, hat Thyssenkrupp-Chef Heinrich Hiesinger geliefert. Er will die Stahl-Sparte des Industriekonzerns restrukturieren. Gemeint ist, Werke zu schließen und Arbeitsplätze abzubauen. Deshalb haben IG Metall und Stahlbetriebsräte den heutigen Tag zum Aktionstag erklärt. Sein Motto: „Stop Stahl-Exit“. „Es ist fünf vor zwölf“ sagte Thomas Kennel (3. Foto) von der IG Metall Duisburg-Dinslaken zur Eröffnung der Kundgebung vor der Hauptverwaltung von Thyssenkrupp Steel Europe (TKSE).
Er begrüßte nicht nur Beschäftigte aller TKSE-Standorte, sondern auch Beschäftigte von TKSE-Töchtern wie Electrical Steel, Mill Services und Aufzüge sowie Delegationen von Arcelor-Mittal, Dillinger Hütte, HKM, Mannesmann, Salzgitter, Vallourec und Daimler Düsseldorf, Opel Bochum und Mannstaedt in Troisdorf. „Solidarität ist unsere Stärke“, rief Heiko Reese (5. Foto) vom Stahlbüro der IG Metall.
IG Metall-Bezirksleiter Knut Giesler (6. Foto) erinnerte daran, dass vor fast fünf Monaten, am 11. April, am selben Ort der bundesweite Stahlaktionstag stattgefunden hat. Gemeinsam mit dem Vorstand von Thyssenkrupp und den Spitzen der deutschen Stahlindustrie habe man für die Zukunft der Stahlindustrie protestiert – mit einem Weckruf an die Politik in Berlin und Brüssel. „Immer dann, wenn wir unseren Einfluss geltend machen sollen, dürfen wir mitspielen“, sagte Knut Giesler. „Aber wenn es – wie jetzt – um Arbeitsplätze geht, nicht!“ Stattdessen errichte der Vorstand „eine Mauer des Schweigens“.
Für Empörung hat der Finanzvorstand von Thyssenkrupp, Guido Kerkhoff, gesorgt. Die Beschäftigten müssten auch mal eine längere Periode der Unsicherheit aushalten, hatte er gesagt. IG Metall-Bezirksleiter Giesler: „So geht man nicht mit Menschen um, die jeden Tag für das Unternehmen ihr Bestes geben.“
Von Hiesinger forderte Giesler, endlich Gründe für die angeblich notwendige Restrukturierung der Stahlsparte zu liefern. „Und wir wollen endlich Klarheit, was die Konzernspitze damit erreichen will.“ Außerdem wolle man wissen, warum TKSE in den kommenden fünf Jahren 1,6 Milliarden Euro sparen müsse.
Sollte Hiesinger dabei bleiben, den Beschäftigten nichts zu sagen und sie, die Betriebsräte und die IG Metall nicht zu beteiligen, dann trete er die Mitbestimmung mit Füßen. Und das provoziere Widerstand.
Der stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende und frühere IG Metall-Chef Detlef Wetzel (9. Foto) rief von der Bühne herab: „Es tut gut, Euch hinter uns zu wissen. Das gibt Rückenwind!“ Angeblich rede ja in der Stahlindustrie jeder mit jedem – „nur mit uns redet niemand.“ Dass die Stahlsparte von Thyssenkrupp als Wertevernichter im Konzern bezeichnet werde, sei ein Skandal. TKSE sei vielmehr „eines der erfolgreichsten Stahlunternehmen der Welt“.
Wetzel forderte den Thyssenkrupp-Vorstand auf, die Sorgen der Beschäftigten ernst zu nehmen. „Arbeit ist kein Monopoly, damit spielt man nicht!“ Zukunft habe das Unternehmen nur mit den Beschäftigten, nicht gegen sie.
Der Gesamtbetriebsratsvorsitzende Günter Back (12. Foto) sagte: „Stahlarbeiter verkauft man nicht – schon gar nicht für blöd.“ Der Konzernbetriebsratsvorsitzende Willi Segerath (14. Foto) erinnerte daran, „wie oft Stahl zum positiven Ergebnis des Konzerns beigetragen hat“. Er forderte den Vorstand auf: „Schenken Sie uns reinen Wein ein!“ In dieselbe Kerbe schlug Wilfried Stenz (16. Foto), der Betriebsratsvorsitzende von Thyssenkrupp Rasselstein in Andernach: „Schluss mit dem Rumgeeiere – wir wollen klare Antworten!“
Was Hiesinger angekündigt hat, wird bereits umgesetzt: „Es ist bereits fünf nach zwölf“, rief Werner von Häfen (17. Foto), der Betriebsratsvorsitzende von TKSE Hüttenheim, „bei uns sind schon die ersten Unternehmensberater in der Bude.“