Arbeitszeit verfällt einfach
Erstaunlich viele Arbeitsstunden verfallen und werden nicht bezahlt. Das ergibt eine Online-Befragung von Betriebsräten.
Die IG Metall wollte es genau wissen: Wie gehen die Betriebe mit der Arbeitszeit um? Sie startete deshalb Ende 2016 eine bundesweite Online-Befragung. In Nordrhein-Westfalen beteiligten sich daran 561 Betriebsratsgremien aus der Metall- und Elektroindustrie, dem Metallhandwerk sowie den Branchen Textil-Bekleidung und Holz-Kunststoff. Die Befragung ist Teil der Arbeitszeit-Kampagne "Mein Leben, meine Zeit".
Eine erste Auswertung der Umfrageergebnisse aus NRW fördert zahlreiche Missstände zu Tage: In Betrieben mit Gleitzeitkonten, sprich in fast zwei Dritteln aller Betriebe verfällt erbrachte Arbeitszeit! Indem bei Überschreiten eines bestimmten Stundenumfangs diese Stunden gekappt werden; das heißt sie werden nicht erfasst, die Arbeitsleistung wird nicht entlohnt. In 47 Prozent der Betriebe verfällt auf diese Weise Arbeitszeit, in 22 Prozent der Betriebe sogar "häufig".
Warum reduzieren Beschäftigte ihre Arbeitszeit? Beispielsweise weil sie Kinder versorgen müssen, Angehörige pflegen oder sich weiterbilden. In überraschend vielen Betrieben ist das der Fall. In zwei von drei Betrieben gibt es Beschäftigte, die wegen eines oder mehrerer Kinder kürzer arbeiten. In 44 Prozent der Betriebe kümmern sie sich um Familienangehörige, in 42 Prozent bilden sich Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer weiter und reduzieren deshalb ihre Arbeitszeit.
Doch wirklich geregelt ist das alles nicht. Betriebsvereinbarungen zur Weiterbildung gibt es nur in 14 Prozent der Betriebe, zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf in 11 und zur Vereinbarkeit von Pflege und Beruf in 8 Prozent.
Mobiles Arbeiten ist weit verbreitet. 41 der befragten Betriebsräte geben an, dass in ihrem Unternehmen mobil gearbeitet werden kann; hauptsächlich im Vertrieb, in der Forschung und im Einkauf. Für die Arbeitgeber ist das ein gutes Geschäft: Nur in jedem zweiten Betrieb wird mobil geleistete Arbeitszeit komplett erfasst, in 38 Prozent der Betriebe überhaupt nicht.
"5-Tage-Woche" ist für die meisten Betriebe ein Fremdwort. In 9 von 10 Betrieben wird am Wochenende gearbeitet, in jedem dritten Betrieb sogar "regelmäßig". Zwei Drittel der Betriebe haben Schichtarbeit. Die besonders belastende Nacht- und Wochenendarbeit ist in NRW weiter verbreitet als im Bundesdurchschnitt: 46 Prozent der Betriebe arbeiten nachts (Bund: 37 %), Wochenendschichten werden in 39 Prozent der NRW-Betriebe gefahren (Bund: 17 %).