„Herr Brinkmann, gehen Sie in sich“
300 Textilbeschäftigte demonstrierten heute in Herford vor bugatti, der Firma des Verhandlungsführers der Arbeitgeber in der Textiltarifrunde.
bugatti-Chef Wolfgang Brinkmann dürfte die Pfiffe der Warnstreikenden aus Herford, Bielefeld, Gütersloh und Minden gehört haben, ließ sich aber nicht blicken. Der 66-jährige Unternehmer führt zum letzten Mal die Tarifverhandlungen für den Arbeitgeberverband Textil + Mode. Und hat die Beschäftigten der westdeutschen Textil- und Bekleidungsindustrie erneut in Rage gebracht.
„Eine Schande“ sei das Tarifangebot der Arbeitgeber, rief IG Metall-Verhandlungsführer Manfred Menningen (Foto 6) in Herford ins Mikrofon. In der zweiten Tarifverhandlungen Mitte Januar hatten die Arbeitgeber angeboten, nach Ablauf des alten Tarifvertrags erst einmal keine Tariferhöhung zu zahlen – vier Monate lang. Mitte dieses Jahres solle es 1,4 Prozent mehr Geld geben, Mitte nächsten Jahres 1,5 Prozent. Die IG Metall fordert 4,5 Prozent.
Das Tarifangebot gleiche nicht einmal die voraussichtliche Preissteigerungsrate für 2017 aus, rechnete Manfred Menningen vor. „Wir sind mehr wert“, sagte er, „wir haben mehr verdient!“ Die Forderung, den Altersteilzeit-Tarifvertrag zu verlängern und den Arbeitgeber-Zuschuss zur Altersteilzeit zu erhöhen, lehnen die Arbeitgeber ab. Sie wollen, dass die Altersteilzeit bloß eine freiwillige Leistung der Unternehmen ist – ein „Gnadenbeweis“, kritisierte Manfred Menningen. Dabei koste die Altersteilzeit in den Betrieben nichts, in denen die Quote – zwei Prozent der Beschäftigten – ausgeschöpft sei.
„Da muss noch was kommen“, forderte der Herforder IG Metall-Geschäftsführer Peter Kleint (Foto 7). Für den Betriebsratsvorsitzenden von Eratex, Frank Otte (Foto 8), war das erste Angebot von Mitte Januar„ein Schlag ins Gesicht“; er hoffe, sagte Otte, dass das zweite Angebot „kein Tritt ins Hinterteil“ werde. Für die Betriebsratsvorsitzende Maria-Therese Scheulen von Brax Leineweber,
Maria-Therese Scheulen
(Foto 9), lässt das Arbeitgeber-Angebot „keine Wertschätzung“ der Beschäftigten erkennen.
„Gehen Sie in sich, Herr Brinkmann“, rief Oliver Labjuhn (Foto 11), der neue Betriebsratsvorsitzende von bugatti. Er fahre zur dritten Tarifverhandlung am 15. Februar in Saarlouis „in der Hoffnung, dass wir einen vernünftigen Tarifabschluss hinkriegen“.
Auch in Bielefeld, Rheine (Hanes u.a.) und Borken (Bierbaum) kam es zu Arbeitsniederlegungen (Fotos vom Warnstreik aus Rheine in der Fotogalerie). In Rheine machten die Beschäftigten mit Rollstühlen und Rollatoren darauf aufmerksam, was es bedeuten kann ohne Altersteilzeitregelung im Betrieb zu bleiben.