"Wir können Bewegung!"
Mit einer Demo durch Bielefeld und einer Kundgebung am Verhandlungsort stärkten 350 Textil-Beschäftigte ihrer Verhandlungskommission den Rücken.
Von überall her treffen am Vormittag Beschäftigte der Textil- und Bekleidungsindustrie in Bielefeld ein und versammeln sich vor der IG Metall-Geschäftsstelle in der Markstraße: aus Bielefeld und Bocholt, aus Düren, Gütersloh-Oelde, Herford, und Krefeld, aus Minden, Mönchengladbach und Rheine. Um 11:30 Uhr geht’s im Gänsemarsch quer durch City. Die ersten Demonstranten tragen ein Transparent mit der Aufschrift „Ein Auto ohne Textil taugt nicht viel.“ Hinter ihnen trabt die Samba-Truppe Sambistas, die zehn Musiker trommeln einen beschwingten Rhythmus. Rote Fahnen und Trillerpfeifen sorgen für Aufmerksamkeit.
Zu übersehen ist der Demo-Zug nicht, schon gar nicht zu überhören. Fenster werden geöffnet, Passanten zücken ihre Smartphones, schießen Fotos. Der rote Lindwurm legt kurzzeitig den Verkehr lahm.
Nach einer halben Stunde erreicht der Zug den Verhandlungsort am Neumarkt. IG Metall-Verhandlungsführer Manfred Menningen begrüßt die Demonstranten: „Liebe 1,7-Prozent-Verhinderer...“ – eine Anspielung auf das Angebot der Arbeitgeber (die IG Metall fordert 5,5 Prozent mehr Lohn und Gehalt für zwölf Monate, die Arbeitgeber haben zwei Mal 1,7 Prozent für 28 Monate angeboten).
Bundesweit haben in der vergangenen Woche 8800 Beschäftigte aus mehr als 90 Betrieben die Arbeit niedergelegt, berichtet Menningen: „Wir können Bewegung!“
Das Arbeitgeberangebot liegt unterhalt der Inflationsrate, bedeutet also Reallohnverlust – „und das ist inakzeptabel“, ruft Menningen. Außerdem müsse der Tarifvertrag zur Altersteilzeit nicht nur verlängert, sondern auch verbessert werden. Denn die Beschäftigten müssten sich die Altersteilzeit auch erlauben können. Sonst sei dieser Tarifvertrag „ein Muster ohne Wert“.
Viel Beifall erhält auch der Betriebsratsvorsitzende von GST (Global Safety Textiles) aus dem baden-württembergischen Maulburg, Christian Schnellbach. Er steht in der Tür des Roadshow-Busses und ruft mit Blick zu den Arbeitgebervertretern im Hotel hinter ihm: „Entweder Kohle her oder es wird dunkel!“
Um 13 Uhr beginnt die Tarifverhandlung.