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22/01/2020

"Wir müssen neue Wege gehen"

Knut Giesler ist Bezirksleiter der IG Metall NRW. Im Interview erklärt er, wie sich die Tarifpolitik in den vergangenen Jahren geändert hat und was das für die aktuelle Tarifrunde in der wichtigen Metall- und Elektroindustrie bedeutet.

Knut, die Tarifrunde 2020 startet. Wo stehen wir in der Tarifpolitik?

Wenn wir auf die vergangenen Jahre schauen, müssen wir feststellen: Tarifpolitik ist immer komplexer geworden. Wir haben individuellere Lösungen gefunden, haben auf neue Entwicklungen reagiert. Bestes Beispiel ist die vergangene Runde, wo wir mit dem T-Zug vorbildlich auf die sich ändernden Bedürfnisse der Beschäftigten eingehen: Sie bekommen mehr Freizeit in bestimmten Lebenslagen. Kurz: Die Welt ist komplizierter geworden, und die Tarifpolitik hat darauf reagiert. Das ist gut und richtig so.

Wie sieht also moderne Tarifpolitik aus?

Längst heißt Tarifpolitik nicht mehr: Wir fordern eine Prozentzahl und ein bisschen etwas Qualitatives dazu. Wir müssen mehr berücksichtigen, müssen umfassender agieren und zum Beispiel den rasanten technologischen Wandel in der Industrie im Blick behalten. Wir haben im vergangenen Jahr mit Zehntausenden in Berlin für eine gerechte Transformation demonstriert und damit die Politik wachgerüttelt. Das Motto war: ‚Ohne Plan? Ohne uns!‘ Unsere Kolleginnen und Kollegen verlangen nun zu Recht, dass wir auch tarifpolitisch einen Plan zur Gestaltung der Transformation vorlegen. Das werden wir tun.

Was bedeutet das für die aktuelle Tarifrunde 2020?

Wir agieren in einem wirtschaftlich wirklich schwierigen Umfeld. Die Kolleginnen und Kollegen berichten von sinkenden Auftragseingängen und steigender Kurzarbeit. Neben einer angemessenen Erhöhung der Entgelte brauchen wir neue Instrumente der Beschäftigungssicherung. Wie genau die aussehen, das diskutieren wir noch, und da werden wir auch mit den Arbeitgebern in eine harte, aber konstruktive Auseinandersetzung gehen. 

Es geht darum, Arbeitsplätze zu sichern?

Ja, und wir brauchen da kreative Antworten auf die Beschäftigungssituation in den Betrieben. Wir stellen uns die Frage: Wie können wir verhindern, dass die Unternehmen in Panik verfallen und ihre wichtigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter jetzt an die Luft setzen? Eines ist jedenfalls klar: Wenn die Arbeitgeber jetzt zum Beispiel die Ausbildung dramatisch zurückfahren, dann ist das nicht nur ein alarmierendes Zeichen – dann ist das ein Skandal. Dann sägen sie an dem Ast, auf dem sie selber sitzen. Wir brauchen auch dringend bessere Möglichkeiten der Qualifizierung für Beschäftigte. 

Was also tun?

Ich komme noch mal auf die vergangene Tarifrunde zurück. Da haben wir individuelle Lösungen für die Lebens- und Arbeitszeit der Menschen geschaffen. Jetzt brauchen wir individuelle und passgenaue Lösungen für die Menschen in den Betrieben, die sich vor Jobverlust fürchten. Dafür werden wir in dieser Tarifrunde streiten.

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