1. Verhandlung in der Tarifrunde Stahl
Die technische Transformation braucht eine soziale Gestaltung
Erste Verhandlung in der Tarifrunde Stahl: Die technische Transformation braucht eine soziale Gestaltung
Zu Beginn der Tarifrunde für die Beschäftigten der nordwestdeutschen und ostdeutschen Eisen- und Stahlindustrie hat die IG Metall ihre Forderung nach einer Entgelterhöhung von 8,5 Prozent und einer Verkürzung der wöchentlichen Arbeitszeit auf 32 Stunden bei vollen Lohnausgleich begründet. Mit Blick auf die Entgeltforderung wiesen die beiden Verhandlungsführer Knut Giesler (Nordwestdeutsche Stahlindustrie) und Dirk Schulze (Ostdeutsche Stahlindustrie) darauf hin, dass die hohe Inflation vielen Beschäftigten in den letzten eineinhalb Jahren ein großes Loch in den Geldbeutel gefressen habe und die Menschen auch heute noch belaste. Die IG Metall habe in der Corona-Zeit und auch nach Beginn des Krieges in der Ukraine verantwortungsvolle Tarifpolitik betrieben. Nun sei es an der Zeit, dass die Arbeitgeber Verantwortung zeigen. Das bedeute vor allem soziale Sicherheit und damit mehr Geld für die Beschäftigten.
Vor diesem Hintergrund haben die beiden Verhandlungsführer das Angebot von 3,1 Prozent für 15 Monate als völlig unzureichend zurückgewiesen.
Auch mit Blick auf die Arbeitszeitverkürzung wies Giesler darauf hin, dass die Arbeitgeber sich nicht aus ihrer sozialen Verantwortung stehlen könnten: „Die technische Transformation zu grünem Stahl wird in einigen Jahren zum Druck auf Beschäftigung führen. Denn nach der Umstellung auf die Direktreduktionsanlagen werden für die Stahlproduktion weniger Menschen benötigt werden. Darum braucht die technische Transformation eine soziale Gestaltung. Hier spielt die Arbeitszeitverkürzung mit vollem Entgeltausgleich eine herausragende Rolle. Sie sichert Beschäftigung und Entgelt.“
Dirk Schulze erklärte: „Die Stahlarbeiter*innen erwarten völlig zu Recht einen Ausgleich für die rasant gestiegenen Lebenshaltungskosten und eine deutliche und dauerhafte Erhöhung der Einkommen. Das erste Angebot spiegelt die ungewöhnliche Belastung der Beschäftigten durch die hohe Inflation nicht angemessen wider. Die Arbeitgeber stehen in der Pflicht, zur zweiten Verhandlungsrunde nachzubessern und ein verhandlungsfähiges Angebot vorzulegen. Dazu muss auch eine Absenkung der Arbeitszeiten gehören.“
Die beiden Verhandlungsführer zeigten sich verärgert, dass die Stahlarbeitgeber die Arbeitszeitverkürzung mit Verweis auf den Fachkräfteengpass zurückgewiesen haben. Giesler: „Die Unternehmen haben sich die aktuelle Situation selbst eingebrockt. Sie haben in den letzten 3 Jahren bundesweit 7.000 Stellen abgebaut. Wer bei den ersten dunklen Wolken am Konjunkturhimmel so handelt und jetzt über fehlendes Personal klagt, handelt verantwortungslos.“
Schulze zeigte sich überzeugt, dass bei der Suche nach Fachkräften die Arbeitszeitverkürzung helfe. „Eine gute Vereinbarkeit von Beruf und Privatem hat gerade für junge Menschen eine sehr große Bedeutung. Kürzere Arbeitszeiten sind daher ein Wettbewerbsvorteil gegenüber anderen Branchen, wenn es um die Akquise neuer Mitarbeiter geht“, so Schulze. Zudem führe Arbeitszeitverkürzung zu weniger Krankheitsausfällen und einer erwiesenermaßen höheren Produktivität.
Weitere Zeitleiste:
23.11.23: Zweite Verhandlung
30.11.23: Ende der Friedenspflicht