Kfz-Handwerk
20/07/2013

IG Metall-Vize warnt Innungen vor Verfassungsbruch

650 Kfz-Handwerker, Betriebsräte und IG Metall-Sekretäre haben sich in der Messe Essen getroffen, um den Druck auf die Autohäuser und Kfz-Innungen zu steigern. Knapp 85.000 Beschäftigte in NRW warten auf eine Lohnerhöhung.

Die Geschäftsführung von BMW Essen stellte heute das neue 5er-Modell vor, 150 Mitarbeiter stahlen ihr jedoch die Schau: Sie hatten sich rote IG Metall-T-Shirts angezogen und hielten ein großes Transparent hoch mit dem Satz "Ein Kfz-Flächentarifvertrag in NRW ist Bei unseren Mitarbeitern Wichtig". Die letzten drei Großbuchstaben stachen hervor - auch so lässt sich BMW buchstabieren.

Von den 400 Konferenzteilnehmern im Europasaal der Messe Essen wurden die BMW'ler begeistert empfangen.

IG Metall-Bezirksleiter Knut Giesler griff die Kfz-Arbeitgeber frontal an: Sie wollten "den Bruch jeglicher Fairness" und "das endgültige Aus für den Flächentarifvertrag", dem Dumpingwettlauf solle Tor und Tür geöffnet werden.. Die Tarifgemeinschaft der Kfz-Arbeitgeber hatte sich am 17. Juni geweigert, mit der IG Metall zu verhandeln, kurz zuvor aber mit der Christlichen Gewerkschaft Metall (CGM) einen Tarifvertrag geschlossen. Dasselbe hatte 2008 die Kfz-Innung NRW getan. Auf der Stirnseite des Europasaals war der Satz zu lesen: "Liebe Landesinnung, mit den Christen zum Abendmahl, mit der IG Metall zum Flächentarifvertrag".

Ein Kfz-Gewerbe ohne Flächentarifvertrag sei wie ein Auto auf Notlaufrädern, sagte Giesler: "Damit kommt man nicht weit, fliegt aber schnell aus der Kurve." Giesler ermunterte die Beschäftigten, die T-Shirts mit dem Aufdruck "Kfz-Flächentarif NRW - Ja!" im Betrieb zu tragen: "Zeigt eure Kampfbereitschaft!"

"NRW darf keine tariffreie Zone bleiben"

Während im Rest der Republik für die Beschäftigten längst eine Tariferhöhung von zweimal 2,8 Prozent in diesem und im nächsten Jahr vereinbart worden ist, lassen die Arbeitgeber in NRW ihre Mitarbeiter hängen. Das sei "eine Schande", rief IG Metall-Vize Detlef Wetzel in den Saal. Und: "NRW darf keine tariffreie Zone im Kfz-Handwerk bleiben!"

Die Tarifautonomie ist im Grundgesetz verankert, sagte Wetzel. "Wer sich Tarifverhandlungen verweigert, der bricht unsere Verfassung!" Der 2. Vorsitzende der IG Metall ging noch weiter und stellte die Existenzberechtigung der Innungen in Frage. Wenn sie ihrer Aufgabe, Tarifverhandlungen zu führen, nicht mehr nachkommen, "dann brauchen wir keine Innungen mehr".

Öffentlichkeit einschalten, Kunden informieren

Im Podiumsgespräch appellierte der Kölner Daimler-Betriebsratsvorsitzende Siegfried Wenisch an die Konferenzteilnehmer, die Öffentlichkeit über die Vorgänge im Kfz-Handwerk zu informieren. "Das fürchten die Geschäftsführer am meisten." Sein Schwerter Kollege Gerhard Chilla vom Autohaus Hengstenberg in Schwerte sagte, wenn es einen Tarifvertrag gäbe, stimme auch das Betriebsklima, sei die Belegschaft motiviert und die Kundschaft zufrieden.

Der nordrhein-westfälische DGB-Vorsitzende Andreas Meyer-Lauber forderte die Kfz-Arbeitgeber auf, "um gute Leistungen zu konkurrieren", und den Wettbewerb "nicht auf Kosten der Belegschaften" zu führen.

Laufende Kartons kennt das Demonstrationsrecht nicht

Hohen Unterhaltungswert hatte der Vortrag von Wolfgang Nafroth, Experte für öffentlichkeitswirksame Aktionen mit einfachsten Mitteln. Beispielsweise könne man im Betrieb kleine Zettel verlieren, auf deren Vorderseite stehe "Lässt du das wohl liegen!" Nafroth: "Das schafft der Kollege nicht." Auf der Rückseite könne dann ein flotter Spruch zum Tarifkonflikt stehen. Man könne Post-Its an den Spiegel in der Toilette kleben mit Sätzen wie: "Mitmischen ist nicht ungefährlich. Aber wenn keiner was tut, wird's noch gefährlicher." Und man könne unter große Kartons schlüpfen, auf denen stehe "Dieser Betrieb hält sich nicht an die Tarifregeln, hoffentlich an alle Reparaturregeln" - und damit vor dem Autohaus auf und ab laufen. Nafroth: "Diese Demo muss nicht angemeldet werden; laufende Kartons gibt es nämlich nicht."

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