Stahl Tarifrunde 2010
07/10/2010

Der neue Stolz, Metaller zu sein

Die IG Metall-Tarifkommission für die nordwestdeutsche Stahlindustrie hat heute in Sprockhövel das Verhandlungsergebnis vom 30. September einstimmig angenommen. Der Abschluss hatte bundesweit für Aufsehen gesorgt. Er ist der erste Flächentarifvertrag, der Leiharbeitern bei gleicher Arbeit auch gleiches Geld garantiert.

Die Belegschaft sei "stolz auf das Ergebnis", berichtete Michael Müller, Sprecher der IG Metall-Vertrauensleute des Duisburger Logistikunternehmens Eisenbahn und Häfen, eine Tochterfirma von Thyssen-Krupp Steel Europe. Sie beschäftigt rund 120 Leiharbeitnehmer und hat damit - bei knapp 1200 Stammbeschäftigten - eine relativ hohe Leiharbeiterquote von zehn Prozent. Das Einkommen der Leihkräfte steigt dank des neuen Tarifvertrags Anfang 2011 um bis zu 100 Prozent.

Der Tarifabschluss sei "ein Meilenstein" auf dem Weg zur Gleichstellung der Leiharbeitnehmer mit den Stammbeschäftigten, meinte Ralf Kappelhoff, Betriebsratsvorsitzender der Deutschen Edelstahlwerke, Werk Witten. Bei Vallourec & Mannesmann in Düsseldorf-Rath seien die Kolleginnen und Kollegen "durchweg zufrieden", berichtete Vertrauensleute-Sprecher Joachim Graßmann: "Wir sind stolz, etwas für die Leiharbeiter durchgesetzt zu haben" - und das stärke auch das eigene Selbstbewusstsein." 

"Es macht wieder richtig Spaß, unsere Politik in der Öffentlichkeit zu vertreten", sagte Karl-Heinz Groening, der Betriebsratsvorsitzende von Salzgitter Mannesmann Forschung, Duisburg. Der Sprecher der Vertrauensleute von Thyssen-Krupp Electrical Steel in Gelsenkirchen, Rouven Ratter, hofft, "dass andere in Sachen Leiharbeit nachziehen".

Der Tarifabschluss sei sogar von Beschäftigten gelobt worden, "die sich früher nicht für Tarifpolitik interessiert haben", so Manfred Bogen, Betriebsratsvorsitzender von Europipe in Mülheim an der Ruhr. Ulrich Friess von Thyssen-Krupp Nirosta im hessischen Dillenburg berichtete: "Unsere Mitglieder werden in ihrer Stammkneipe auf den Tarifabschluss angesprochen - und sie freuen sich, in dieser IG Metall sein zu dürfen".  

IG Metall-Bezirksleiter und Verhandlungsführer Oliver Burkhard sagte: "Wir wollten ein starkes Signal setzen - und das haben wir getan." Dass auch der Stolz auf die IG Metall gewachsen sei, mache ihn glücklich.

Dass die Leiharbeitnehmer in der Stahlindustrie künftig nach Stahltarif entlohnt werden, habe Gesamtmetall - den Arbeitgeberverband der Metall- und Elektroindustrie - "richtig aufgeschreckt". Er rate jedoch, die Forderung nach gleicher Bezahlung der Leiharbeiter nicht vorschnell auf die Metalltarifrunde 2012 zu übertragen, sondern sorgfältig zu diskutieren. Die Stahlarbeitgeber hätten dieser Forderung "nicht wegen unserer guten Argumente zugestimmt, sondern einzig und allein wegen unserer Stärke und Entschlossenheit".

Burkhard betonte die Verantwortung der Politik; sie sei jetzt gefordert und dürfe sich "nicht drücken". Die Bundesregierung müsse per Gesetz dafür sorgen, dass alle Leiharbeitnehmer gleiches Geld für gleiche Arbeit bekommen.

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