"Diese Insolvenz birgt eine große Chance"
Honsel kann die Kurve kriegen: "Diese Insolvenz birgt die große Chance eines Neuanfangs", sagte IG Metall-Bezirkssekretär und Honsel-Aufsichtsrat Bernd Epping. Die Firma fertige "gute Produkte, die dringend gebraucht werden". Der sauerländische Automobilzulieferer - seit Jahren Opfer einer "Heuschrecke" - hat am Montag Insolvenzantrag gestellt.
Bereits an Dienstag riefen die ersten Kaufinteressenten beim Düsseldorfer Rechtsanwalt Frank Kebekus an. Er ist vom Amtsgericht Arnsberg als vorläufiger Insolvenzverwalter eingesetzt worden, und gilt als erfahrener Sanierer. Kurze Zeit später soll es schon rund ein Dutzend Kaufinteressenten gegeben haben. Metaller Epping hält es sogar für möglich, dass sich ihre Zahl verdreifacht.
Auch Insolvenzverwalter Kebekus ist - trotz fehlender Liquidität - zuversichtlich. Kunden und Lieferanten hätten Unterstützung zugesagt, teilte er mit: Die Kunden bezahlen sofort, die Lieferanten sind bereit, auf ihr Geld zu warten. Eine Zerschlagung des Unternehmens sei nicht geplant, sagte Kebekus. Entlassungen ebenfalls nicht. Die 3100 Beschäftigten an den deutschen Standorten im Sauerland (Meschede, Soest, Nuttlar) und in Nürnberg erhalten Ende des Jahres Insolvenzgeld. Am 1. Januar 2011 wird voraussichtlich das Insolvenzverfahren eröffnet.
Das in Meschede ansässige Unternehmen gießt Zylinderköpfe, Motorblöcke, Getriebegehäuse sowie Karosserie- und Fahrwerkteile aus Leichtmetall für große Automobilhersteller wie BMW und Daimler. Die Auftragsbücher sind voll, gearbeitet wird "Tag und Nacht", berichtet die Online-Ausgabe der Süddeutschen Zeitung; die Pleite von Honsel gehe "auf das Konte einer Heuschrecke".
Sie heißt RHJ International (RHJI) und ist eine Tochter des US-Finanzinvestors Ripplewood. Der IG Metall-Bevollmächtigte von Arnsberg, Wolfgang Werth, geht mit dieser Private-Equity-Gesellschaft hart ins Gericht: Sie habe "die Belegschaft immer im Regen stehen lassen und kein wirtschaftliches Konzept gehabt, sondern immer nur auf das Geld von Kunden und Beschäftigten geschielt", sagte er.
Die Leidensgeschichte der Honsel-Belegschaft begann schon 1999. Damals wurde das Familienunternehmen an den US-Fonds Carlyle verkauft, der es 2004 für 625 Millionen Euro an RHJI weiterreichte. Der Kaufpreis war - wie üblich - weitgehend kreditfinanziert, und RHJI lud diese Schulden Honsel auf.
2009 war die Leichtmetallgießerei in letzter Minute durch einen Schuldenerlass von mehreren hundert Millionen Euro vor der Pleite gerettet worden. Die Gläubiger - Hedge-Fonds wie Anchorage und Oaktree - erhielten dafür 49 Prozent der Aktienanteile. Genutzt hat das nichts, ebenso wenig wie eine Finanzspritze von RHJI. Das Geld floss zu einem Großteil an Unternehmensberater, kritisierte Wolfgang Werth. 2009/2010 setzte das Unternehmen nur 540 Millionen Euro um, 27 Prozent weniger als zwei Jahre zuvor.
Jetzt drückt Honsel eine Schuldenlast im dreistelligen Millionenbereich; hinzu kommt ein Investitionsstau von 10 bis 50 Millionen Euro. Trotz allem laufen die Geschäfte gut. Metaller Werth hofft, dass die gesamte Honsel-Gruppe sich aus den Fängen der Heuschrecken befreien kann und einen "strategischen Investor" findet. Dieser Wunsch, weiß Werth, wird von allen betroffenen IG Metall-Verwaltungsstellen und allen Honsel-Betriebsräten geteilt.