Wenn der Euro zerbricht...
Der nordrhein-westfälische IG Metall-Bezirksleiter Oliver Burkhard plädiert dafür, die europäische Gemeinschaftswährung zu erhalten. Zerbräche sie, gewönne der Rest-Euro erheblich an Wert - und das wäre verheerend für die exportorientierte Wirtschaft. Allein in NRW geriete jeder fünfte Metall-Arbeitsplatz in Gefahr.
„Sollen die Griechen, die Portugiesen, Italiener, Spanier, Franzosen ... doch ihre Probleme allein lösen“ – so reagieren die Stammtische auf die Euro-Krise. Längst schwappen die Wogen hoch. Mit Wonne befeuert die Bild-Zeitung in fetten Schlagzeilen die Meinung der Euro-Skeptiker. Die Bevölkerungen ganzer Länder werden als faul und unfähig verunglimpft. Doch wer so argumentiert, übersieht einige Fakten.
Fest steht: Ohne europäische Solidarität steuert Griechenland in kurzer Zeit auf einen Staatsbankrott zu. Dieser würde andere Länder mit in den Abgrund reißen und das Ende der Gemeinschaftswährung einläuten. „Na und?“, rauscht es aus den Boulevardblättern, schallt es von den Stammtischen.
Euro-Ende würde massiv Arbeitsplätze gefährden
Oliver Burkhard, IG Metall Bezirksleiter von Nordrhein-Westfalen: „Ein Ende des Euro würde tief in die industrielle Substanz in Nordrhein-Westfalen einschneiden, mit erheblichen Konsequenzen für die Arbeitsplätze – und das dann weit über die Industrie hinaus.“
Praktisch über Nacht würde der „Resteuro“ dramatisch an Wert gewinnen. Die Metall- und Elektroindustrie, in der jeder zweite Arbeitsplatz vom Export abhängig ist, wäre in besonderem Maße betroffen. Der durch die Aufwertung verursachte Verlust an Wettbewerbsfähigkeit würde allein in Nordrhein-Westfalen jeden fünften Arbeitsplatz in der Branche gefährden. Hinzu kämen Kosten in Milliardenhöhe durch Kreditausfälle, mit unkalkulierbaren Risiken für das Bankensystem, das dann womöglich erneut mit Steuergeldern gestützt werden müsste.
Mit anderen Worten: Wir zahlen auch dann für die Krise, wenn Deutschland sich nicht direkt an der Rettung des Euro und der Stabilisierung der Krisenländer beteiligt. Mit dem Unterschied, dass die Lasten noch ungleicher verteilt und die Risiken weitaus größer wären.
Die Euro-Krise kann überwunden werden
Das heißt ausdrücklich nicht: Weiter wie bisher. Burkhard: „Anstelle hektischer Übergangslösungen, populistischer Maßhalteappelle und Sparorgien bei den kleinen Leuten sind ganz andere Wege zu beschreiten. So ist es ein guter Anfang, dass beispielsweise Frankreich die spekulationstreibenden Leerverkäufe von Bankaktien verbietet.“
Zu den weiteren Maßnahmen sollten zählen:
• Die Zinslasten der Defizitländer durch gemeinsame Euroanleihen auf ein niedriges Durchschnittsniveau zu senken und die Schuldenspirale zu stoppen.
• Den Krisenländern ausreichend Zeit zu gewähren, um notwendige Strukturreformen umzusetzen – von der Verbesserung der Wirtschaftsstruktur bis hin zu einer ertragreicheren und gerechteren Ausgestaltung des Steuersystems.
• Die Finanzmärkte und private Gläubiger durch die Einführung einer Finanztransaktionssteuer und eine Bankenabgabe in die Pflicht zu nehmen.
Rating-Agenturen kontrollieren
Eine besonders ungute Rolle spielen bei den aktuellen Entwicklungen die Rating-Agenturen. Sie entscheiden als private Einrichtungen und ohne Auflagen und Aufsicht durch staatliche Institutionen über Wohl und Wehe ganzer Nationen. Senken die Agenturen in der Bewertung der Kreditwürdigkeit ihren Daumen, rutscht dadurch ein Staat wie Griechenland schnell auf Ramschstatus ab. Dieser Einfluss muss dringend reguliert und beschnitten werden.