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31/08/2012

Tarifflucht lohnt sich nicht

Die Belegschaft der Firma Arntz in Remscheid haben ihren Arbeitgeber in die Tarifbindung zurückgeholt, per Haustarifvertrag. Für die knapp 90 Beschäftigten gelten weiterhin fast alle Regeln des Flächentarifvertrags, es gibt mehr Geld und für die IG Metall-Mitglieder ein paar Extras.

Das Traditionsunternehmen Arntz, 1793 gegründet, stellt Band- und Kreissägen für die Metallbearbeitung her. Die Firma wirbt mit dem Spruch „Es ist Zeit, den richtigen Schnitt zu tun!“ Geschäftsführer Jan Wilhelm Arntz tat den falschen: Er wurde OT-Mitglied des Arbeitgeberverbandes, sprich Mitglied „ohne Tarifbindung“. Dabei hatte die Firma gerade noch von den Tarifverträgen profitiert: Dank mehrerer Sanierungstarifverträge überwand sie Ende 2011 ihre wirtschaftliche Talfahrt.

Jahrelang hatte die Belegschaft auf Lohn, Urlaubs- und Weihnachtsgeld verzichtet, und jetzt solle ihr „auch noch die Sicherheit des Flächentarifvertrags“ genommen werden, empörte sich der Betriebsratsvorsitzende Arno Graupner. Er machte die Absicht des Arbeitgebers sofort publik und lud eine Woche später zur Betriebsversammlung ein. Dort fielen Worte wie „Unverschämtheit“ und „Schlag in die Fresse“. Der Geschäftsführer habe „eckig geguckt“, hieß es. Sein Versuch, mit Eis, Kaffee und einer Kanufahrt Schönwetter zu machen, schlug fehlt.

Die meisten Mitarbeiter von Arntz sind Mitglied der IG Metall. Sie sind es gewohnt, mit ihrem Chef auf Augenhöhe zu verhandeln. Das solle auch in Zukunft so bleiben, beschlossen sie und wählten Mitte März eine Tarifkommission. Sie stellten dieselben Forderungen auf wie die Metaller in der Metallindustrie (6,5 Prozent mehr Geld, unbefristete Übernahme der Ausgebildeten und faire Leiharbeit) – und packten noch zwei oben drauf (Erholungsbeihilfe und Zusatzkrankenversicherung). Warum das? „Tarifflucht soll sich nicht lohnen“, erklärte Norbert Lux, Verhandlungsführer und Sekretär der IG Metall Remscheid-Solingen.

Metaller zu sein, lohnt sich

Nach drei Verhandlungen kam am 9. Juli ein Verhandlungsergebnis zustande, das die IG Metall-Mitglieder am 18. Juli einstimmig annahmen (mit einer Enthaltung). Jetzt sind die Tarifverträge unterschrieben worden. Sie können sich wahrlich sehen lassen: Die Ausgebildeten werden künftig unbefristet übernommen. Den Leiharbeitern muss schon nach 18 Monaten ein fester Job angeboten werden (in der Metallindustrie erst nach 24 Monaten); und es dürfen höchstens fünf Prozent der Beschäftigten Leihkräfte sein. Die Entgelte und Ausbildungsvergütungen steigen im Januar 2013 um 3,5 Prozent, einen Monat später ist eine Einmalzahlung von 300 Euro fällig.

Für 2012 gibt es keine Tariferhöhung – „ein Wermutstropfen“, sagt Norbert Lux. Der sei aber zu verschmerzen. Denn Anfang des Jahres, nach Auslaufen des Sanierungstarifvertrags, sind die Einkommen bei Arntz wieder auf Tarifniveau angehoben worden. Und ab September gilt für alle IG Metall-Mitglieder eine rein arbeitgeberfinanzierte Krankenzusatzversicherung in Höhe von rund 40 Euro, zum Beispiel für Zahnersatz. Der zweite Mitgliederbonus: eine Erholungsbeihilfe. Die Firma stellt zu diesem Zweck ab 2013 jährlich 0,5 Prozent der betrieblichen Jahresentgeltsumme zur Verfügung. Fazit: IG Metall-Mitglied zu sein, hält gesund und ist erholsam.

Was müssen Betriebsräte tun, deren Arbeitgeber ebenfalls eine Tarifflucht plant? „Erklärt den Kollegen ganz genau, wie wichtig ein Tarifvertrag ist und was es bedeutet, keinen mehr zu haben“, sagt Carsten Zirson-Leven, Mitglied der Verhandlungskommission bei Arntz. Eine Betriebsversammlung genüge nicht, auch Einzelgespräche seien nötig. Damit es jeder verstehe. „Das ist das A und O einer erfolgreichen Mobilisierung.“

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