"Das wäre Ihr Auto ohne Tarifvertrag" - Schrott
In Dortmund und Köln legten heute rund eintausend Beschäftigte für drei Stunden die Arbeit nieder. Sie folgten dem Warnstreik-Aufruf der IG Metall, forderten von der Kfz-Landesinnung die Rückkehr zum Flächentarifvertrag. In Gelsenkirchen erregten Metaller Aufmerksamkeit mit einem Schrottauto.
In Gelsenkirchen zogen Metaller am frühen Abend einen alten Renault-Twingo ohne Motor die Einkaufsstraße hoch und runter. Ihre Botschaft: Arbeiten ohne Tarifvertrag ist wie Auto ohne Motor – Schrott. Drei junge Metaller zogen das Auto, auf ihren T-Shirts stand „Sklavenarbeit“; zwei Metaller liefen hinterher, auf ihren T-Shirts stand „Sklavenlohn“. Andere verteilten Flugblätter; vorne stand: „Die Rückseite auf keinen Fall lesen.“ Dort stand, worum es geht: um einen neuen Tarifvertrag für alle Kfz-Beschäftigten in NRW.
Warnstreik ist wichtiger als die neue S-Klasse
Die Beschäftigten der Daimler-Niederlassung Dortmund setzten heute Mittag Prioritäten: Während ihre Geschäftsführung vor mehreren hundert Gästen die neue S-Klasse präsentierte, nahmen sie an der Protest-Kundgebung der IG Metall teil. Betriebsratsvorsitzender Uwe Schmälter: „Der Betrieb hat fast in Gänze stillgestanden. Und das haben auch die Kunden gemerkt.“ Der Geschäftsführung war die Protestaktion ihrer Mitarbeiter recht, glaubt Schmälter. Sie fühle sich ebenfalls von der Tarifgemeinschaft der Kfz-Arbeitgeber hintergangen und mache Druck auf die Landesinnung, wieder mit der IG Metall Tarifverträge abzuschließen.
Kfz-Arbeitgeber hinterlassen Scherbenhaufen
Auf der Protestversammlung im Info-Center von Thyssen-Krupp sagte IG Metall-Bezirkssekretär Manfred Menningen: „Eure Warnstreikbeteiligung - das ist es, worauf es jetzt ankommt.“ In vielen Firmen fänden jetzt Betriebs- und Mitgliederversammlungen statt, berichtete Menningen – und schilderte, wie es zu dem tarifpolitischen Scherbenhaufen gekommen ist. Statt mit der IG Metall zu verhandeln, hätte die Tarifgemeinschaft der Kfz-Arbeitgeber am 17. Juni verkündet, nicht mehr als Tarifvertragspartner zur Verfügung zu stehen. „Das ist ein Skandal“, sagte Menningen. Einen Flächentarifvertrag mit Tariferhöhungen von zweimal 2,8 Prozent wie in allen anderen Tarifgebieten der Kfz-Branche solle es in NRW nicht mehr geben. „Ich sage: Das sind ganz miese Machenschaften!“
Der Dortmunder IG Metall-Sekretär Olaf Kamhöfer warf dem Verhandlungsführer der Arbeitgeber, Marcus Büttner, vor „die gesamte Tarifgemeinschaft verschrotten und die Arbeitnehmerschaft spalten“ zu wollen. Kamhöfer: „Ohne uns! Wir lassen unseren Tarifvertrag nicht verschrotten. Wir behandeln ihn pfleglich, wie die Autos, die wir reparieren.“
"Rambazamba in der Bude"
In Köln, vor der Kfz-Innung beim TÜV Rheinland, kamen ebenfalls mehrere hundert Beschäftigte zusammen. „Wir fordern nur, was die Arbeitgeber in allen anderen Bundesländern bereits mit der IG Metall vereinbart haben – ordentliche Tariferhöhungen und einen Tarifvertrag, der für alle Autohäuser in NRW gilt", sagte IG Metall-Bezirkssekretär und Verhandlungsführer Bernd Epping.
Dass die NRW-Arbeitgeber sich dem verweigern, nannte der Betriebsratsvorsitzende von Daimler, Siegfried Wenisch, „eine Riesensauerei“. Sein Kollege Jürgen Michels von Fleischhauer fasste sich kurz: Jetzt gebe es „Rambazamba in der Bude“. Der Vizepräsident der Handwerkskammer Köln, Fred Balsam, erklärte, dass eine Innung nur funktionsfähig sei, wenn sie Gesellen- und Prüfungsausschüsse habe. Er plädiere nicht dafür, die Arbeit der Ausschüsse einzustellen. Aber es sei ungehörig, „diejenigen mit Füßen zu treten, die man braucht“.
Haustarifverträge jetzt "süßes Gift"
Wolfgang Rasten, der 2. Bevollmächtigte der IG Metall Köln-Leverkusen, lehnte Haustarifverträge als Alternative zum Flächentarifvertrag ab. Sie seien „süßes Gift“. Man könne zwar auch auf diesem Weg Tariferhöhungen vereinbaren, aber nur für eine kleine Zahl von Beschäftigten, nicht für alle. Schon jetzt arbeiteten viele Beschäftigte für Löhne von 2007 (2008 hatte die Kfz-Landesinnung aufgehört, Tarifverträge zu schließen). Ihre Einkommen lägen bereits „20 Prozent unter der aktuellen Tariftabelle“. Diese Dumpinglöhne setzten letztlich auch die tariftreuen Arbeitgeber unter Druck. Deshalb habe der Kampf um einen neuen Flächentarif jetzt Vorrang. Rasten versprach aber: „Niemand wird dadurch benachteiligt und weniger bekommen als die Beschäftigten außerhalb von NRW.“