Textil & Bekleidung
05/11/2013

IG Metall: Arbeitgeber sollen sich einen Ruck geben

Mehrere hundert Beschäftigte der Textil- und Bekleidungsindustrie in NRW legten heute bis zu einer Stunde die Produktion lahm. Vor Ibena in Bocholt und Rhede sowie vor Johnson Controls in Espelkamp bei Minden forderten sie keine Tariferhöhung, sondern einen „Tarifvertrag Demografie“.

Cornelia Leson-Griesbeck hält ein Überraschungsei in die Höhe, „um zu erklären, worum es in dieser Tarifrunde geht“, ruft sie den Ibena-Beschäftigten zu: „Nicht um Spiel, Spaß, Spannung, sondern um Altersteilzeit, die Übernahme der Azubis und einen Belastungsabbau.“ Die Bocholter IG Metall-Sekretärin erinnert daran, dass in der Textil- und Bekleidungsindustrie seit Jahren über den demografischen Wandel – insbesondere die Überalterung der Belegschaften – geredet wird. Alle Beteiligten – die Arbeitnehmer- und die Arbeitgeberseite sowie alle Experten aus Wissenschaft und Forschung – seien sich einig: Es muss etwas getan werden. „Jetzt endlich müssen wir einen Knopf dran machen!“, ruft Leson-Griesbeck und erhält viel Beifall, ihre Zuhörer drücken ihre Zustimmung durch lautstarkes Drehen Dutzender Ratschen
aus.

Gesund in Rente - das schaffen immer weniger Beschäftigte

Immer mehr Beschäftigte gingen in die Erwerbsunfähigkeitsrente, immer weniger in die Altersrente, sagt Leson-Griesbeck. Deshalb sei es wichtig, ein Tarifpaket zu schnüren. Da hinein gehöre ein Rechtsanspruch der Beschäftigten auf Altersteilzeit, die unbefristete Übernahme der Ausgebildeten und ein Belastungsabbau, sprich alters- und alternsgerechte Arbeitsbedingungen, damit jeder und jede gesund in Rente gehen könne.

Arbeitgeber "im Zeichen der Schubkarre geboren"

Nach zwei Tarifverhandlungen, die für Westdeutschland geführt werden, sieht es nicht danach aus, als würden die Arbeitgeber der IG Metall entgegen kommen. Die Situation scheint eher verfahren zu sein, die Arbeitgeber stellen Gegenforderungen: Altersteilzeit soll es nur freiwillig geben, und die Arbeitnehmer sollen deren Kosten alleine tragen – indem sie länger arbeiten, auf Urlaubs- und Weihnachtsgeld verzichten oder Kündigungsschutz und Verdienstsicherung aufgeben. „Die Arbeitgeber nehmen uns nicht ernst“, glaubt Cornelia Leson-Griesbeck. Die Damen und Herren auf der anderen Seite des Verhandlungstisches seien „im Sternzeichen der Schubkarre geboren“, berichtet die IG Metall-Sekretärin: „Sie bewegen sich nur, wenn sie geschoben werden.“

Dafür sorgten heute in Bocholt und im zehn Kilometer entfernten Rhede nicht nur 140 Beschäftigte von Ibena, Herstellerin von Decken und Bettwäsche, sondern auch 280 Beschäftigte des Autositze-Herstellers Johnson Controls in Espelkamp bei Minden.

Heide Schnare, IG Metall-Tarifsekretärin für die Textil- und Bekleidungsindustrie in Nordrhein-Westfalen, sagte: „Wir erwarten von den Arbeitgebern, dass sie sich einen Ruck geben.“ Mit einem Demografie-Tarifvertrag werde die gesamte Branche an Attraktivität gewinnen. „Das ist gut für die Beschäftigten und die Betriebe."

Tags Textil & Bekleidung