"Lasst die Straßen rot werden!"
Gut gelaunt und kampfeslustig startet die IG Metall in die heiße Phase der Tarifrunde Textil-Bekleidung. Vom 4. bis 8. Februar gibt’s Warnstreiks.
Ahaus-Legden, 26. Januar: Neben dem Haupteingang des Ferienparks „Dorf Münsterland“ flattern rote IG Metall-Fahnen am Mast, es ist nasskalt. In der großen Halle, dem Audimax, versammeln sich gegen 10 Uhr rund 200 Beschäftigte – aus Bielefeld, Bocholt, Duisburg-Dinslaken, Gütersloh-Oelde, Herford, Mönchengladbach, Rheine und Wuppertal.
IG Metall-Bezirksleiter Knut Giesler (Foto 4) kritisiert das Tarifangebot der Arbeitgeber: „Vorne zu wenig, hinten zu lang.“ Die IG Metall fordert 5,5 Prozent mehr Geld. Die Unternehmen wollen erst einmal nichts geben (für Februar), dann sechs Monate lang nur je eine Einmalzahlung. Im September soll’s 1,7 Prozent mehr Lohn und Gehalt geben, ein Jahr später noch einmal 1,7 Prozent. Gelten soll der Tarifvertrag 28 Monate, also bis Mai 2021.
Die Tariferhöhung läge unter der Inflationsrate. „Das wird es mit der IG Metall nicht geben“, erklärt Knut Giesler. Zumal die Textiler in NRW organisationspolitisch an Gewicht gewonnen haben – die Zahl der betriebsangehörigen Mitglieder stieg 2018 überdurchschnittlich, um 2,5 Prozent. „Ihr seid Spitze“, ruft Giesler.
Der Verhandlungsführer der IG Metall, Manfred Menningen (Foto 6), greift einen Satz aus Unternehmerkreisen auf: „Die Party ist vorbei.“ Gemeint ist das – voraussichtlich – sinkende Wachstum. „Die Arbeitgeber haben keine Ahnung von den Arbeitsbedingungen“, ruft Menningen, „das war nie eine Party, sondern Schichtarbeit, Lärm, Schmutz und Leistungsverdichtung!“ Und er stellt klar: „Kein Forschungsinstitut bestreitet, dass die Wirtschaft auch 2019 wächst.“
Dass die Altersteilzeit nicht – wie von der IG Metall gefordert – verbessert werden soll, sei Mist. „Und Mist darf man auch Mist nennen.“ Die Altersteilzeitquote von zwei Prozent müsse „schrittweise“ erhöht werden.
In der zweiten Tarifverhandlung am 16. Januar haben die Arbeitgeber nur ihr Angebot abgegeben. Sie waren nicht bereit, darüber zu verhandeln. Der Betriebsratsvorsitzende von Bugatti in Herford, Olli Labjuhn, weiß, was zu tun ist: „Wir müssen Rabatz machen“, schlägt er vor, „eine andere Sprache verstehen die Arbeitgeber nicht.“ Die dritte Verhandlung findet am 12. Februar in Bielefeld statt. „Sehe ich Euch dann wieder?“ Der Applaus darf als Zustimmung interpretiert werden.
Die Geschäftsführerin der IG Metall Rheine, Karin Hageböck (Foto 8), hat einen praktischen Vorschlag: „Nehmt die Kolleginnen und Kollegen an die Hand, geht vors Tor, lasst die Straßen rot werden!“
Wer dem Warnstreik-Aufruf der IG Metall folgt, „verstößt nicht gegen seinen Arbeitsvertrag“, ergänzt IG Metall-Justitiar Carsten Schuld. Das gelte auch für Azubis und Leiharbeiter.