Skandal: Aussperrung noch vor Streikbeginn
Der Konflikt um die Schließung von Warstein Achsen im ostwestfälischen Büren eskaliert: Nachdem gestern 94 Prozent der IG Metall-Mitglieder für Streik gestimmt haben, hat die Geschäftsführung den Betrieb kurzerhand stillgelegt, berichtet die IG Metall Paderborn.
"Als Reaktion auf den geplanten Streik legen wir den Betrieb vorübergehend still", teilt die Firmenleitung per Aushang am Werkstor mit. "Aus Sicherheitsgründen besteht in dieser Zeit nur für Befugte Zugang zum Werksgelände", heißt es auf dem DIN-A-4-Blatt weiter. Um sicherzugehen, dass auch tatsächlich kein Ungefugter das Werk betritt, hat die Geschäftsführung alle Schlösser austauschen lassen, teilte IG Metall-Sekretär Timo Gerland mit. Vor der Firma hält die Belegschaft an diesem Wochenende erneut Mahnwache, um den Abtransport der Maschinen nach Wiehl zu verhindern; die Produktion soll dorthin - zur Muttergesellschaft BPW Bergische Achsen - verlagert werden.
Die Aussperrung ist in Deutschland zwar unter bestimmten Voraussetzungen erlaubt, aber höchst umstritten; die IG Metall fordert seit langem ihr Verbot. Die IG Metall Paderborn ist vor allem darüber empört, dass die Aussperrung bei Warstein Achsen veranlasst wurde, "noch bevor überhaupt große Streikvorbereitungen angelaufen waren". Es gab weder einen Streikaufruf, noch hatte der Streik bereits begonnen. In einer solchen Situationen die komplette Belegschaft auszusperren, das habe es "in Deutschland nach vorliegenden Informationen bislang noch nicht gegeben", heißt es auf der Internetseite der IG Metall Paderborn (www.paderborn.igmetall.de).
Nachdem die Sozialplanverhandlungen gescheitert waren, sind auch die Gespräche in der Einigungsstelle unter Vorsitz von Bundesarbeitsrichter Burghard Kreft am Dienstag, 15. Juni, erfolglos zu Ende gegangen. Tags darauf, am Mittwoch, geklärte die betriebliche Tarifkommission auch die Verhandlungen über den Sozialtarifvertrag für gescheitert. Die Verhandlungen waren durch mehrere Warnstreiks unterstützt worden. Den letzten Verhandlungsstand umriss IG Metall-Bezirkssekretär Manfred Menningen so: "Die Stilllegung wird frühestens zum 31. August erfolgen. Kündigungen dürfen vor dem 1. August nicht ausgesprochen werden. Ab dem 1. September wird für zwölf Monate eine Transfergesellschaft eingerichtet, aus der heraus sich die dortigen Mitarbeiter für andere Arbeitsplätze bewerben können."
Die 120 Beschäftigten, die alle ihren Arbeitsplatz verlieren werden, wollen sich aber mit diesem Almosen nicht abspeisen lassen. Ihr Slogan lautet: "Wir sind mehr wert!" Umstritten ist vor allem die Höhe der Abfindung. "Wir wollen einen anständigen Abgang", forderte der Paderborner IG Metall-Bevollmächtigte Carmelo Zanghi.